Dienstag, 3. Februar 2009
Mehr geht nicht
Man hatte dich gewarnt. "Sorry" von Zoran Drvenkar ist ein dämonisches Buch. Du schlägst die erste Seite auf, liest und liest und liest ... und kannst nicht mehr aufhören. Dabei möchtest du, dass es endlich aufhört. Die Story verlangt dir einiges ab. Die brutale Hinrichtung einer unbekannten Frau ist nur der Beginn. Der Anfang einer atemberaubenden Geschichte - sehr schnell, kompromislos, direkt und präzise. Vier jungen Leute haben eine Agentur gegründet. Sie bieten als Dienstleistung an, sich für dich bei anderen zu entschuldigen. Und das Geschäft läuft sehr gut, überraschend gut. So viel Schuld ist in unserer Zeit abzutragen. Viel Arbeit für vier Einzelne. Doch dann wird es schwierig. Lars Meybach beauftragt die Agentur sich bei einer Toten zu entschuldigen und zwar für den Mord an dieser. Und auch die Leiche muss beseitigt werden. Die Situation eskaliert. Es gibt noch mehr Tote. Und es gibt Panik, Verrat, enttäuschte Freundschaft und Angst, Liebe, Freundschaft und noch mehr Angst. Und du bist immer mitten drin, ob du willst oder nicht. Es liegt an der Sprache. Kurz, unglaublich direkt und klar. Sicher, auch indem er dich direkt anspricht ist die Geschichte dir nah, ja gegenwärtig im Wortsinn. Alles im nervenaufreibenden Präsens. Du bist immer dabei - trotz der ständigen Perspektivwechsel oder gerade deswegen. Es ist dir aber auch egal warum, du blätterst einfach immer weiter und liest und liest und ... liest. Es geht um Schuld. Alles scheint zu verschwimmen. Wer trägt Schuld: Opfer und Täter sind klar, nur war das Opfer auch Täter? Warum fühlen sich Opfer schuldig. Wer ist schon frei von Schuld? Und dann die alte Frage: Ist Rache gerecht? Ist sie legitim? Oder macht sich der Rächer schuldig - unentschuldbar schuldig. Und auch eine für dich neue Frage: Gibt es zwischen Opfer und Täter auch sowas wie Liebe oder nur perverse Neigung. Ein schwieriges Thema. Alles geht so unglaublich schnell. Du versuchst zu verstehen. Warum und wann ist der Fehler passiert? Wann wurde eine falsche Entscheidung getroffen? Du weißt es nicht. Es passiert einfach und es passiert zwangsläfig und nachvollziehbar. Erschreckend plausibel und ohne erkennbares Versagen. Alles Zufall? Nein, nicht nur, aber eben auch. Ohne Schuld und doch unentschuldbar. Der beste Thriller den ich bislang gelesen habe und dabei nicht platt und trivial. Nicht einfach nur höllisch spannend, sondern auch unglaublich vielschichtig und sobald der Puls sich wieder beruhigt hat sehr nachdenklich.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen