Dienstag, 3. Februar 2009

Forschen noch einer moralischen Instanz

Im Thriller "Kritik der mörderischen Vernunft" von Jens Johler werden Wisenschaftler ermordet. Neurologen bzw. insbesondere Hirnforscher werden Opfer eines äußerst geschickt und planvoll vorgehenden Mörders, der sich selbst "Kant" in Anlehnung an den großen Philosophen aus Königsberg nennt. Der Journalist Troller und seine eng befreundete Kollegin Jane Anderson wittern eine große Story und versuchen den Fall aufzuklären und exklusiv darüber zu berichten. Dabei ist Troller von Anfang an selbst Teil des Verbrechens. Der Täter zitiert aus einer vor Jahren von Troller veröffentlichten Schrift und beruft sich auf diese, um seine Taten zu legitimieren. Denn auch wenn Troller die Morde selbst verurteilt, so ist die Motivation für ihn doch nachvollziehbar: Der Terror der Wissenschaft. Die Forschung hat längst menschliche Moral und Ethik beiseite geschoben und mehr noch; der Mensch ist nicht mehr Herr der Wissenschaft sondern Ziel und Opfer der Forschung. Das Buch ist spannend bis zur letzten Seite und es ist ganz gewiss einer der besten Thriller der letzten Zeit. Perfekt, schnell, stimmig und wirklich gut geschrieben. Aber mit der letzten Seite, der Auflösung und Klärung ist das Buch noch nicht zu Ende. Es läßt seine Leser nachdenklich und mich auch ein wenig wütend zurück. Man erfährt nebenbei eine Menge über den aktuellen Stand der Hirnforschung und ergänzt dies zwangsläufig um Fakten und Hypothesen aus dem Internet. Darf Wissenschaft so weit gehen? Sind sich Forscher ihrer enormen Verantwortung bezüglich der Verwendung ihrer Ergebnisse wirklich bewusst? Jens Johler und sein Held im Buch tendieren wohl zu einem klaren "Nein". Die Menschheit steuert in eine Katastrophe, weil sie die neu entwickelten Möglichkeiten nicht mehr beherrscht, sondern von diesen beherscht wird. Besonders gefährlich zeigt sich im Buch eine Gruppe von Forschern, "Der Club", die den freien Willen beseitigen wollen und deswegen schon heute seine Existenz leugnen. Scheinbar fehlt diesen Leuten jegliche moralische und ethische Instanz, die als Maßstab für ihr Handeln dienen könnte. Denn diese Wissenschaftler sind gottlos und betrachten Religion als besondere Form der Geisteskrankheit bzw. Wahnvorstellung. Puh...ja, und hier muss ich gestehen habe ich sehr geärgert. Ich bin immer empfindlich, wenn Religion und moralisches Handeln gleichgesetzt werden. Aber mehr noch, ich neige dazu den menschlichen Drang nach Erkenntis für grundsätzlich gut und unterstützenswert zu halten. Wissenschaft darf sich nicht mit Tabus und Schranken umgeben. Selbstverständlich und auch leider wird es immer auch die andere Seite geben; den Versuch neue Erkenntnisse zur Sicherung und Ausweitung von Macht zu nutzen oder Andersdenkende und Andersgläubige zu vernichten. Hier muss Moral und Ethik meiner Meinung nach ansetzen. Und vielleicht wäre man ohne religiösen und sonstigen weltanschaulichen Fanatismus schon in einer viel besseren Welt.

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